„Schnell kommt! Da hinten brennt nochmal was!“ ruft es durch die Nacht. Blaulichter und Fahrzeugscheinwerfer erhellen den dunklen Wald rund um den Tiefenbach. „Brandstifter haben wohl mehrere Holzstapel in Brand gesetzt und sind dann in den Wald geflüchtet. Jetzt werden Sie vermisst“, lautet die erste Information. Schnell werden Schläuche ausgerollt und nach den Vermissten gesucht.
Drehen wir die Uhr zurück
Doch drehen wir die Uhr ein paar Stunden zurück: Es ist Samstag, der 09. September um 8:00 Uhr vor dem Gerätehaus der Feuerwehr Rohracker. Dienstantritt für die Mitglieder der Jugendfeuerwehren Rohracker und Wangen. Diese veranstalten in den nächsten Stunden eine Großübungen für beide Abteilungen bei denen die Kinder und Jugendlichen einen Tag wie bei der Berufsfeuerwehr erleben. Das heißt es gibt Dienstsport, Unterricht, es wird gemeinsam gegessen und im Gerätehaus übernachtet. Und natürlich gibt es auch den ein oder anderen Einsatz zwischendurch.
Nach einem Frühstück machen sich die drei Löschfahrzeuge auch schon auf den Weg auf die Feuerwache nach Bad Cannstatt. Dienstsport steht auf dem Programm. Angeleitet von den Betreuerinnen Nadja und Saskia wärmen sich die Kinder und Jugendlichen aus, machen Kennenlernspiele, „ziehen Karotten“ oder spielen eine rasante Partie übergroßes TicTacToe.
Integrierte Leitstelle und Feuerwache 3
Leicht verschwitzt geht es im Anschluss in Gruppen aufgeteilt die Integrierte Leitstelle sowie die Wache und Fahrzeuge der Berufsfeuerwehr besichtigen. „Es ist schon faszinierend mal zu sehen, wo man landet, wenn man den Notruf wählt“, schwärmt eines der Kinder während auf großen Bildschirmen verschiedene Karten, Kreisdiagramme und Fahrzeugverfügbarkeiten aufblitzen. In der Fahrzeughalle der Feuerwache 3 wird in dessen der Kranwagen bestaunt. „Der ist so schwer, dass er nicht alle Straßen und Brücken in Stuttgart befahren darf“, wird erklärt. Bei einem der Löschfahrzeuge wird vor allem die Türe bestaunt: „Das ist ja wie bei einem Bus!“.
Der erste Alarm des Tages
Plötzlich geht das Alarmlicht in der Fahrzeughalle an: „Ölunfall 1, Von-Pistorius-Straße. Es rücken aus von der Feuerwache 3: LF 8/6 von Rohracker“ ertönt es aus dem Lautsprecher. Völlig verdutzt stehen alle da und wissen erstmal nicht was zu tun ist. Doch in den ersten Gesichtern sieht man schon das es „Klick“ gemacht hat und schon rennen die ersten zum Löschfahrzeug und machen sich auf zum Einsatzort. Dort angekommen präsentiert sich der Löschgruppe eine 20m lange „Ölspur“ aus Sonnenblumenöl und Kakao welche abgestreut und zusammengekehrt werden muss. Eine schweißtreibende Arbeit bei dem sonnigen Wetter.
In der Zwischenzeit ist auch das HLF 10 von Rohracker zu einem Verkehrsunfall alarmiert worden. Ein Fahrradfahrer ist von einem Anhänger angefahren worden und liegt nun darunter. Gruppenführerin Annika entschließt sich dazu den Anhänger zur Sicherheit gegen Abrutschen zu unterbauen und den Verletzten mittels Spineboard unter dem Anhänger hervorzuziehen. Kurze Zeit später ist auch das geschafft und der Patient kann an den Rettungsdienst übergeben werden.
Stärkung für die nächsten Einsätze
Im Wangener Gerätehaus hat das Küchenteam ganze Arbeit geleistet. Alle freuen sich nach den ersten Einsätzen auf das leckere Essen und so stärken sich alle mit mehreren Portionen für die kommenden Einsätze. Die lassen auch nicht lange auf sich warten: Das LF KatS von Wangen wird zu einem brennen Anhänger, das LF 8/6 zu einem brennenden Mülleimer alarmiert.
Feuer in der Kindertagesstätte!
Gegen 14:00 Uhr dann der erste große Alarm: In einer Kindertagesstätte ist Feuer ausgebrochen und mehrere Personen sind vermisst! Trupps mit Pressluftatmer-Attrappen, Schläuchen und Strahlrohren erklimmen das Treppenhaus auf der Suche nach Vermissten sowie dem Brandherd. Schnell kann der erste Vermisste aus dem Rauch geborgen und nach unten transportiert werden. Zuvor hat sich der Trupp im Dunkeln vorantasten müssen, wie bei einem echten Brand. In der Zwischenzeit wurde mit der Brandbekämpfung von außen begonnen. Die Wasserversorgung vom Hydranten steht, also heißt es „Wasser marsch!“.
Dem ganzen Trubel und der Hektik folgt ein Moment der Ruhe nach dem Aufräumen – Nachbesprechung ist angesagt. Was war gut? Was könnte man besser machen? Aber alles in allem: Eine supergute Übung!
Und schon wieder geht es weiter: Diesmal zum Gerätehaus nach Rohracker. Dort ist Mittagsruhe angesagt. Die Kinder und Jugendlichen spielen Riesen-Jenga oder entspannen sich auf dem Sofa. Schnell kommen Sie miteinander ins Gespräch, erzählen von den bisherigen Einsätzen ihres Fahrzeuges oder was sie beim Großalarm gemacht haben. Und auch beim Abendessen wird es nicht ruhiger. Auch die Jugendleiter und Betreuer können jetzt das erste Mal ein bisschen durchschnaufen – etwas Seltenes an diesem Wochenende.
Vermisste Personen und eine Katze im Baum
Punkt 18:30 Uhr ist es aber vorbei mit der Entspannung: HLF 10 und LF KatS werden gemeinsam in den Stuttgarter Hafen alarmiert. Zwei Mitarbeiter sind verschwunden und im schlimmsten Fall unter Bergen von Sand begraben. Umgehend werden Trupps zur Suche losgeschickt und auch fündig. Einfach war das aber nicht, denn von einer der Übungspuppen, welche einen Vermissten darstellen soll, ragte nur ein Fuß aus dem Sand. Jetzt heißt es aber anleitern, freischaufeln, Patienten sichern und bergen – einfacher gesagt als getan auf einem großen Berg Sand. Doch auch das bekommen die Kinder und Jugendlichen nach einiger Zeit hin. Hier wurde viel Improvisationstalent bei der Bergung gezeigt – mit Erfolg!
Die Löschgruppe des LF 8/6 steht inzwischen an der Endhaltestelle in Rohracker und blickt in eine Baumkrone. „Irgendwo da oben muss meine Katze sein! Sie kommt nicht mehr runter, die Arme!“, ruft die ängstliche Katzenbesitzerin, welche von jemandem aus dem Organisationsteam gespielt wird. Aus der Baumkrone miaut und faucht es auch kläglich, dank Bluetooth-Box. Davon lassen sich die jungen Feuerwehrmänner und -frauen aber nicht abschrecken und schon wenige Zeit später hat die Besitzerin ihren Schatz wieder im Arm.
Nachtruhe. Oder doch nicht?
Und wie bei der Berufsfeuerwehr wird nach getaner Arbeit wieder der Weg zum Gerätehaus angetreten, das Fahrzeug gerichtet und sich auf den nächsten möglichen Alarm vorbereitet. Selbstverständlich lässt dieser auch dieses Mal nicht lange auf sich warten. Um 21:45 Uhr werden wieder alle Fahrzeuge zu einem Großeinsatz alarmiert. Was uns wieder zum Anfang unseres Berichtes bringt.
An drei Stellen hat das Organisationsteam Feuerkörbe mit Holz bestückt und angezündet. Rauchbomben und Leuchtfeuer sorgen für eine fast gespenstische Stimmung. Jedes Fahrzeug kümmert sich um eines der Feuer. Aufgrund der Entfernung müssen die Fahrzeuge sich gegenseitig mit Wasser vom Hydranten versorgen. Mit ihren Atemschutz-Attrappen auf dem Rücken und ich Licht der Taschenlampen kann schnell „Feuer aus!“ gemeldet werden. Jetzt müssen aber noch die vermissten Personen gesucht werden. Die finden die Kinder und Jugendlichen in Gräben und im hohen Gras, bergen und versorgen sie. Dann steht die unliebsamste Aufgabe an: Das Aufräumen. So schnell Schläuche verlegt sind, so lange kann es manchmal dauern sie wieder aufzuwickeln und zu verstauen. Alle helfen mit, damit diese Arbeit schnell abgeschlossen und zurück zum Gerätehaus gefahren werden kann.
Alarmgong statt Wecker
Jetzt heißt es dann auch Nachtruhe für alle! Und auch wenn es einige Zeit nicht wirklich ruhig werden will, sind alle am Ende doch so erschöpft von diesem aufregenden Tag, dass man bald nur noch das ein oder andere laute schnarchen vernehmen kann. Zumindest bis Sonntagmorgen um 6:30 Uhr.
Die Neonröhren flackern und tauchen den Schlafsaal in helles Licht, der Alarmgong ertönt: „Brandmelderalarm 2 in der Tiefenbachschule Rohracker“ lautet das Einsatzstichwort. Erstaunlich schnell sitzen alle Trupps in ihren Uniformen auf den Fahrzeugen und los geht es zum Einsatzort. Und auch das, was dann folgte kommt bei der Berufsfeuerwehr sehr oft vor: Es handelte sich nämlich um einen Fehlalarm.
Da nun aber schonmal alle wach waren konnte der Frühstückstisch gedeckt und die gemeinsame 24h-Übung mit einem leckeren Frühstück beendet werden. Vielfach kam hierbei der Wunsch auf so etwas von nun an häufiger zu machen. „Es war großartig mal Dinge zu tun, die wir sonst nicht machen bei der Jugendfeuerwehr“, meldet sich eine Jugendliche zu Wort. „Und ich wünsche mir, dass unser Fahrzeug nächstes Mal die richtig coolen Einsätze bekommt“ – Ein Wunsch, der bei der nächsten 24h-Übung vielleicht in Erfüllung geht.
Danksagung
Die Jugendfeuerwehren Rohracker und Wangen möchten sich bei allen Bedanken, welche dieses wundervolle Wochenende möglich gemacht habe! Hierzu gehören besonders die Helfer aus den Reihen der aktiven Feuerwehrmännern und -frauen, welche sich in der Küche, beim Einkaufen, als Verletzte oder beim Aufbau der verschiedenen Einsatzszenarios wahrlich verkünstelt haben.
Vielen Dank auch an das „Zentrum für Patientensicherheit und Simulation“ der Malteser Stuttgart sowie die Firma „Kies Merz“, welche uns ihre Firmengelände für unsere Übungen zu Verfügung gestellt haben.